Liam! Jetzt komm schon!!!
Mutter hat schon zum Essen gerufen.
Glaaaeeich!
Ich goss noch schnell die Möhren und rannte ins Haus.
Im Eingang sah ich meine Schwester mit einem Teller Kresse stehen. The fuck macht die mit Kresse? Und warum im Eingang! Ich kann nicht mehr anhalten — eine Sekunde später rannte ich in Lara.
Ich viel hart mit dem Gesicht zum Boden. — Alles schwarz.
Laaaangsam wurde ich wach. Idk wie lange ich geschlafen hatte.
War es nicht gerade noch Mittagessens Zeit?
Etwas verwirrt blinzelte ich und machte die Augen auf.
Das war nicht mein Bett.
Btw, wo drauf lag ich bitte? Das ist auch keine angenehm weich-harte Matratze … das ist steinhartes Papier.
Zwei Meter entfernt hörte ich was stöhnen. Ich drehte meinen Blick und sah Lara.
"Was ist das hier?", fragte ich sie erstaunt. Von ihr bekam ich nur ein "Was hast du wieder getan" zurück.
Gute Frage … wie kamen wir hier überhaupt hin? Ich hab die Möhren gegossen, bin zum Essen gerannt und in Lara gestolpert.
Aber the fuck?! Wie kommen wir dann jetzt hier hin??
Mittlerweile saß ich und schaute mir die Gegend an. Der ganze Boden war weiß. An ein paar Stellen nass glänzend, ansonsten alles hartes Papier.
Wir mussten auf einer Lichtung sein. Denn wir waren von der weirdesten Art Baum umringt, die ich mir hätte ausdenken können. Wie soll sowas bitte hoch hinauswachsen?
Ein langer dünner Stamm mit ein paar riesigen Blättern in der Krone. Die Bäume waren aber nicht alle einfach gerade nach oben gewachsen. Es war das reinste Dickicht. Alle kreuz und quer. Einige wuchsen sogar auf dem Boden entlang.
Lara half mir hoch und wir spazierten ein bisschen durch dieses Wald-artige-Etwas. Was sollten wir auch ansonsten tun?
Es war weirdly still. Nur ein bisschen Luftrauschen durchs Blätterdach.
Okay, eins gab es, was lauter war: Lara, wie sie versuchte einen Stamm hochzuklettern und mit lautem Plums wieder hinunter fiel. Aber natürlich schreckte das sie nicht ab. Zwei Sekunden später kletterte sie einen anderen Stamm hoch, setzte sich und glitt wie auf einer perfekten Rutsche sanft den Stamm runter.
Natürlich ließ ich mir den Spaß nicht entgehen! Wir rutschten, kletterten und vielen runter. In einigen feuchteren Stellen des Bodens konnten wir Trampolinspringen. Und es fühlte sich an, als wären wir in einer fantastischen Welt voller Wunder und Abenteuer. Ich war bereit, jede Ecke zu erkunden.
Irgendwann blieben wir beide erschöpft auf dem Boden liegen und starrten in den Himmel. Die Sonne schien durch die Blätter und tauchte alles in ein warmes Licht.
"Das ist so surreal", sagte ich leise.
Lara nickte zustimmend. "Aber irgendwie auch mega fancy."
Wir schwiegen eine Weile und genossen die ungewöhnliche Umgebung.
Doch plötzlich hörten wir ein seltsames Geräusch, das sich wie ein lautes Schnurren anhörte. Wir drehten uns um, konnte aber nichts erkennen. Das Schnurren wurde lauter. Wir sahen immer noch nichts. Jetzt wurde es auch noch dunkel. Und fing an zu regnen?? Jedenfalls war ich gerade in diesem Moment vollkommen nass geworden. Mein Gesicht war ganz von einer dickflüssigem etwas umgeben. Das ist kein Regen!
Lara zog mich mit und wir rannten so schnell es ging in irgendeine Richtung. Schnell blickte ich nach oben, um herauszufinden, woher der vermeintliche Regen gekommen war. Da war kein heller Himmel mehr, sondern eine riesige haarige Zunge. Weiter oben konnte ich graues Fell und ein gelbes Auge erkennen. Das ist unsere Katze! Was macht Felly hier? Und warum ist sie so groß und hat Heißhunger auf mich und Lara?!
Wo wir eben noch gerutscht waren, bückte sich Lara und wir versteckten uns unter zwei Bäumen.
"Hast du das gesehen!", schnappte ich nach Luft. "Das ist Felly!", fügte ich aufgeregt hinzu.
Lara schien das nicht im Geringsten zu beunruhigen. Insgesamt ging es ihr gerade bestens. Als hätte sie die beste Zeit ihres Lebens.
Wie kann man sich freuen, von der eigenen Katze durch einen verwunschenen Wald gejagt zu werden?
"Ist es dir noch nicht aufgefallen?", bemerkte sie mit allwissendem Blick. "Als du in mich gerannt bist, sind wir geschrumpft".
"Vor ein paar Wochen hab ich bemerkt, was meine Kresse kann."
"Kresse?", fragte ich verwundert. "Was willst du mit Kresse?"
"Hast du noch nie Kresse gesehen, oder bist du heute schwer von Begriff?", schaute sie mich verdutzt an.
Waaait, meint sie etwa …? "Du willst mir erklären, dass deine Kresse uns in eine magische Welt teleportiert hat und unsere Katze jetzt sowas wie die böse Hexe ist?"
"Naja, eher das wir einfach nur kleiner geworden sind. Meine Kresse erfüllt Wünsche", erläuterte sie mit leuchtenden Augen. "Idk vielleicht hast du dir irgendwas gewünscht als du in mich und die Kresse gestolpert bist."
"Und das erzählst du mir jetzt erst?! Aber okay, das ergibt langsam wenigstens Sinn", sagte ich, während ich versuchte, die ganze Situation zu verarbeiten. "Wie kommen wir jetzt wieder zurück?"
Lara zuckte mit den Schultern. "Ich bin mir nicht sicher. Meistens muss ich einfach nur einen Stück Kresse essen, einen Wunsch aussprechen und die Kresse wird es erfüllen."
"Von einem der Blätter, die eine Milliarde Meter hoch über uns wachsen?", entfuhr es mir empört.
Lara lachte: "Yes, eine einfachere Idee wäre natürlich eins der Blätter da drüben überm Boden".
"Aber wie sollen wir das machen, ohne dass Felly uns erwischt?", erwiderte ich besorgt. Unsere riesige Katze schien immer noch nach uns zu suchen.
Meine etwas übermütige Schwester hatte anscheinend einen Plan.
Erschreckt sah ich nur noch, wie sie losrannte und genüsslich in eins der Blätter biss. Anscheinend schmeckte es ihr. Ich hatte dabei noch nie was für Kresse übrig gehabt.
So schnell wie sie losgerannt war, war sie verschwunden.
Alles war ruhig.
Eine paar Sekunden später wurde es hell, das Schnurren wurde leiser und Felly war auch weg.
Mein Moment.
Ich kroch aus unserem Versteck heraus und ging vorsichtig zu den Blättern rüber.
Ein Bissen. Grauenvoll. Wie kann Lara nur so etwas Scharfes mögen?
Was sollte ich mir wünschen? Dass ich wieder in meine Welt zurückmöchte? Oder dass ich groß sein möchte? Lara hätte mir sagen sollen, was ich mir wünschen soll.
Uuuh wait. Ich wünsch’ mir einfach das gleiche, was Lara sich gewünscht hat.
Okay, noch ein Biss in die scharfe Kresse zur Sicherheit. Und: "Mächtige Kresse, ich wünsch’ mir genau das, was Lara sich gewünscht hat. Bring mich zu ihr."
Augenblicklich wurde alles heller, alle Farben kräftiger. Formen verschwammen im Leuchten der Farben. Die Bäume schienen zu schrumpfen, und der Boden unter meinen Füßen fühlte sich wieder normal an. Plötzlich war es dunkel. Ich öffnete die Augen und stand im Flur, indem ich vorher in meine Schwester gestolpert war.
Felly schnurrte zufrieden um Lara herum. Auf dem Boden lag der blaue Teller mit Kresse.
Die Katze und Lara blickten mich erleichtert an: "Du hast es geschafft!"
"Das war echt verrückt", sagte ich, freudig, aber auch leicht verstört.
Wir gingen zum Esstisch. Auf dem Weg nahm ich den Teller vom Boden und stellte ihn neben mir auf den Tisch. Dort pitchte ich einen Kresse-Halm ab. Während ich ihn aß, wünschte ich mir: "Lass mich Kresse mögen, damit ich mir noch ganz oft etwas wünschen kann."
Noch während ich kaute, wurde die Schärfe angenehmer.
Die Wunsch-Kresse klappt noch immer!